GASTBEITRAG
Die Hochzeit
Wenn auch die Hochzeit erst für 17 Uhr geplant war, so gab es doch vorher noch eine Menge zu sehen und zu erledigen. Traditionell badet und kleidet sich die Braut in ihrer Mutter Haus. Der Friseur kommt, eine Fachkundige (welche Frau ist das nicht?) legt das Make-up an, ihre Mutter, ihre Schwester, weibliche Verwandte und Freundinnen – alle sind zum Mithelfen willkommen. Mägi wurde eingeladen und ich wartete draußen bei einem Bier. Es ist jetzt 15.00 Uhr.
Paneotis sagt, wir müssten um
15.30 in seinem Haus sein. Wir haben keine Ahnung, was uns dort erwartet oder
was wir dort machen sollen. Als wir an seinem Elternhaus ankommen, sind dort
schon viele Verwandte und Freunde – meistens Männer – auf der Straße
versammelt. Eine Frau heftet eine kleine Blume mit einer Nadel an unsere
Jacketts. Das ist ein wichtiger Punkt für später!
Was jetzt passiert, ist sehr
interessant: Paneotis, der Bräutigam, sitzt im Hause seiner Eltern auf einem
Stuhl, sein Brautführer steht neben ihm und hält sein Jackett. Zwei Musiker
sitzen daneben – einer mit einer Trommel und einer mit einer Geige. Der Raum
ist voller Frauen, während alle Männer draußen auf der Straße bei Bier und
Zigaretten warten. Die Musiker spielen eine eintönige Melodie und die Mutter
singt:
“Mein Sohn Paneotis heiratet. Ich
hoffe, er bekommt eine gute Frau.“
Darauf singen die anwesenden Frauen
:“Ich hoffe, er bekommt eine gute Frau.“
Die Mutter wieder: “Er ist ein
guter, religiöser Junge, er ist nie in Schwierigkeiten gewesen.“
Dann der Frauenchor: „ Er ist nie
in Schwierigkeiten gewesen.“
Uns wurde erklärt, dass sie den
traditionellen Hochzeitsgesang des Ortes singen, aber auch eine Menge dazu
improvisieren. Die Frauen übernehmen es abwechselnd, etwas über den Bräutigam
vorzusingen – und sie singen und singen und singen und singen und schreien und
singen und schreien. Und zur gleichen Zeit findet dasselbe im Haus der Braut
statt.
Während dieser ganzen Zeit stehen
die Männer draußen auf der Straße, trinken Bier und rauchen Zigaretten. Der
Trauzeuge hält immer noch das Jackett. Paneotis bekommt von Zeit zu Zeit eine
Coca-Cola. Er sitzt da sehr ernst und gibt sein Bestes, nicht amüsiert zu
wirken. Nach und nach erscheinen die männlichen Verwandten, Großvater, Vater,
Bruder, Onkel, Cousin, Freunde ins Zimmer, küssen Paneotis auf beide Wangen und
stecken Geld in den Ärmel des Jacketts, das der Trauzeuge beharrlich hält. Das
muss traditionell sein, da ich sah, dass der Ärmel unten zusammengeheftet war,
damit das Geld nicht herausfiel.
Frauen kommen vom Haus der Braut
herüber. Ich kann hierfür wirklich keinen Grund angeben, aber möglicherweise,
um festzustellen, wann der Bräutigam in der Kirche sein wird. Sie haben kein
Zeitgefühl – denn es sind nur noch 5 Minuten vor Fünf. Aber das scheint
niemanden zu kümmern.
Ich werde ins Haus eingeladen, den
Ärmel zu entleeren, das Geld zu zählen und einen Whisky zu trinken. Paneotis
scheint im Moment keine Eile zu haben, rechtzeitig in die Kirche zu kommen.
Viele Drachmen und drei Whiskies später entscheidet er, dass es Zeit ist, zu heiraten. Wir starten unseren Marsch durch die Stadt zur Kirche mit Paneotis und seiner Familie an der Spitze.
Seine
Mutter und die anderen Frauen beginnen wieder zu singen während wir zum Platz
gehen.
Der
Platz von Afandou ist schon voll mit den Verwandten und Freundinnen/Freunden der
Braut. Die beiden Familien bilden einen großen Kreis und noch immer singend,
beginnen sie zu tanzen. Kein Auto hat eine Chance, den Platz zu passieren. Die
Autofahrer stellen die Motoren ab, steigen aus und erfreuen sich am Fest. Da die
Braut noch nicht da ist, haben wir Zeit für einen Kaffee in einer der Bars auf
dem Platz. Endlich erscheint die Braut – aber für so viele Gäste ist die
Kirche zu klein. Das scheint hier normal zu sein und die Gäste gehen in die
Kirche, kommen wieder heraus, trinken eine Kaffee, gehen wieder in die Kirche
und kommen wieder heraus um noch eine Kaffee zu trinken ...
Die Zeremonie in der Kirche ist etwas ganz Besonderes. Die Kirche ist voller Lichter und sehr reich dekoriert. Wie einer nachher passend zu mir bemerkte: Wenn du in Griechenland heiratest, weißt du wirklich, dass du verheiratet bist. Beim Verlassen der Kirche erhielten wir einen kleinen Hochzeitskuchen und ein Paket Mandeln verpackt wie ein Hochzeitsgeschenk. Braut und Bräutigam verlassen die Kirche – man sagt uns, dass wir genug Zeit für einen Kaffee hätten.
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