TIPPS ZUM LEBEN AUF RHODOS

Fünf Monate Rhodos (Fortsetzung von Mägi & Dave)

Ich wurde von vielen Freunden, Verwandten, etc. gebeten, in regelmäßigen Abständen einen Bericht über unser Leben in Rhodos zu veröffentlichen, damit sie auch etwas daran teilnehmen können. Und für Dave und mich ist es auch einfacher, als in Hunderten von Mails das Gleiche zu erzählen. Gleichzeitig möchten wir uns für all die positiven Reaktionen und die lieben Briefe und Grüße bedanken. Es freut uns immer wieder, Post aus der alten Heimat zu erhalten.

Wir sind nun fünf Monate auf der Insel, und wir fragen uns manchmal, wohin die Tage fliegen. Die Zeit geht so schnell rum. Wir haben ein total anderes Zeitgefühl angenommen. Manchmal müssen wir studieren, was wir überhaupt für ein Datum haben. Die Schlafens- und Essenszeiten haben sich verlagert. So waren wir in der Schweiz spätestens um 22.00 h im Bett, da wir ja zwischen 05.00 und 6.00 Tagwache hatten. Hier machen wir es wie es die Einheimischen machen. Ja nicht zu früh aufstehen, ein Schläfchen am Nachmittag, denn da ist es – ob Sommer oder Winter – sowieso zu heiß zum arbeiten. Gegen Abend wird man dann wieder munter, und dann fängt der Tag erst so richtig an. Das Familienleben wird hier groß geschrieben und man trifft sich mit Onkeln, Tanten, Cousinen, Freunden, um den neuesten Tratsch durchzuhandeln. Ist übrigens eine sehr interessante Erfahrung, zu sehen, wie schnell Neuigkeiten über die ganze Insel verstreut werden. Als ich vor einigen Wochen plötzlich nach Zürich musste, stand Lefteris (ein anderer Lefteris als der von Afandou) an der Treppe zum Flieger. Er arbeitet auf dem Flughafen. Natürlich wollte er sofort und genau wissen, warum ich alleine nach Zürich fliege. Wahrscheinlich witterte er bereits eine Sensation, dass ich z.B. in die Schweiz zurückkehren und Dave in Rhodos zurücklassen würde.... Es bekümmerte ihn überhaupt nicht, dass die ganze Schlange Menschen hinter mir warten musste, bis ich ihn aufgeklärt hatte. Dave hat dann im Nachhinein während eines Telefongespräches erwähnt, dass mein plötzlicher Abflug Inselgespräch war, und all unsere Freunde, Bekannten etc. mehr wussten, als er oder ich selbst. Die Griechen sind überhaupt sehr, sehr neugierig. Die wollen immer wissen, wohin wir gehen und sei es, dass wir nur den Müll in den Abfallkübel bringen oder zum Supermarkt fahren. Es hat mich schon gewundert, dass sie nicht noch die Einkaufsliste sehen wollten.

Wir haben den großen Nachteil, dass wir – übrigens als Einzige auf der Insel – Veloträger auf unserem Autodach montiert haben. Man fährt doch nicht Velo, man geht schon gar nicht auf Schusters Rappen, dafür ist ein Auto da, um überall hinzufahren und sei es nur die 10 m zum Metzger. Das Veloträgerauto kennt nun mal Jedermann auf der Insel. Es gehört dem „crazy Englishman und seiner Swisswoman“, d.h. sie wissen jederzeit, wo wir uns gerade befinden, und wie schon gesagt, das Buschtelefon läuft schnell. 

Wir haben uns total integriert. Klar haben wir noch immer Notstrom – die Boxe wurde in der Zwischenzeit schon mal installiert. Es war aber die Falsche – klar warten wir noch immer auf eine Hälfte der Spiegelschranktür im Badezimmer, aber was soll's, wir haben ja alle Zeit. Ja, diese Allüren haben wir auch bereits angenommen. Nur kein Stress, es geht auch anders. Wir regen uns auch nicht mehr auf, wenn etwas nicht sofort klappt, da wir wissen, eines Tages wird es schon erledigt.

Ich versuche nun, kleinere und größere Episoden zu Papier zu bringen, einfach gerade so, wie sie mir in den Sinn kommen:

• Bschüttloch (übersetzt ins Deutsche: kleine Kläranlage)
Kalithies und Faliraki sind noch nicht an der Kanalisation angeschlossen, d.h. jedes Haus hat noch sein eigenes Bschüttloch. Die Regierung ist aber seit zwei Jahren daran, diesen Zustand zu ändern. Die Hauptleitung wurde auch hier im Dorf bereits eingebaut. Was noch fehlt, sind die Anschlüsse zu den Häusern. Diese Anschlüsse würden in einem halben Jahr erledigt sein, was also heißt, dass es noch mindestens ein Jahr dauert, bis wir angeschlossen sind. Bis dahin müssen wir uns halt mit der alten Methode abfinden. Uns wurde dann auch klar, warum zu jeder Tages- und Nachtzeit diese Zisternenwagen im Dorf herumfahren, und es hin und wieder stinkt in der direkten Nachbarschaft, wenn die Löcher geleert werden. So musste auch unser Loch etwa alle 3 Wochen – eine sehr kurze Zeit – ausgepumpt werden, was jedes Mal 40 Euro kostet.

Dave wunderte sich am Anfang, dass die Griechen ihr Auto sehr viel putzen würden, denn ständig lief Wasser die Strasse runter. Es waren aber nicht die Autos, die das Wasser bescherten, sondern eine Umleitung des Waschmaschinenwassers. Nachbarn konstruierten einfach eine Umlenkung des Rohres. „Was die können, kann ich noch lange“, hatte sich Dave gesagt und eine Umlenkung für unseren Geschirrspüler und dem Wasser in der Küche gebaut. Rechtlich wäre dies nicht erlaubt, aber alle machen es – aber erst ab 22.00 h nachts. Man will sich doch nicht erwischen lassen, und wir sind überzeugt, dass dies sogar der Bürgermeister so macht und sicher auch die Polizei. Die Einsparung ist, dass wir das Loch „nur“ noch so alle 4 ½ Wochen auspumpen lassen müssen.

• Aufenthaltsbewilligung
Wie schon im ersten Bericht erwähnt, hatten wir uns viel zu früh um die Aufenthaltsbewilligung bemüht. So sind wir dann nach Ablauf der 3 Monate wiederum bei der Polizei in Afandou mit unseren 7 Photos vorgesprochen. Das Formular wurde ausgefüllt, und wir wurden gebeten, nach 10 Tagen den Ausweis abzuholen. Ach ja, die wollten noch wissen, ob die Schweiz auch in der EU sei! Und außer der orthodoxen oder katholischen Religion scheint es für sie keine andere zu geben. So ist Dave halt als orthodox eingetragen. Nach meiner Rückkehr aus der Schweiz, also nach ca. 5 Wochen wollten wir die Ausweise abholen, aber nachdem er die ersten paar in der Schachtel durchgesehen hatte, musste es ihm verleidet sein. Er stoppte und sagte, es sei noch nichts gekommen. Wahrscheinlich kann der hellsehen. Nun typisch griechisch, haben wir akzeptiert und sind wieder gegangen. Wir werden dann in einigen Wochen wieder vorsprechen. Wir haben nun den 6. Juli und haben haben noch immer keine grüne Karte.

• Ostern
Griechische Ostern zu feiern, ist das Größte. Für die Griechen ist dies das wichtigste Fest überhaupt. Die Hausfrauen backen spezielle Biskuits. Ich durfte mich bei verschiedenen Freundinnen ins Biskuit backen einführen lassen. Der Geschmack hing mir noch lange in der Nase, sodass ich gar keine mehr essen mochte. Eine alteingesessene Griechin hat als Beigabe noch Ammoniak verwendet, das während dem Backen besondere Gerüche ausstrahlte. Ich hatte dann anschließend gewürgt, bis ich das erste Versucherli vor ihren Augen gegessen hatte und immer wieder beteuern musste, wie gut es mir geschmeckt hätte. Von überall bekamen wir auch Osterteller, belegt mit diesen Biskuits, Schokolade und rot gefärbten Eiern.

Dieses Jahr war Ostern hier eine Woche später. Die ganze Woche wurden wir Abend für Abend per Kirchenglocke zum Kirchgang aufgefordert. Vor allem für die Frauen wurde diese Woche zur Fastenwoche, d.h. kein Fleisch, kein Öl, nur Gemüse, Salate ohne Öl usw. Die Gräber wurden von den Witwen hergerichtet. Neue künstliche Blumenkränze wurden gekauft, die dann in der Osternacht auf die Marmorgräber gelegt wurden. Die Marmorgräber wurden auf Hochglanz geputzt. In der Osternacht war dann der Hauptgottesdienst und um Mitternacht wurden Kerzen und Feuerwerke entzündet. Jedermann trug eine brennende Kerze nach Hause – ein schier unmögliches Unterfangen, wenn es Sturmwind hat. Ich habe es dann irgendwie geschafft, weil mich eine Griechin auf dem Nachhauseweg zu sich einlud. Sie machte mir einen Windfänger um die Kerze. Das Licht bedeutet Glück im Hause für ein weiteres Jahr. Ich habe dann die Kerze brennen lassen, bis wir ins Bett gingen. Am Ostertag wurden wir von Toula und Familie zum Mitfeiern eingeladen. Es war ein herrlich sonniger und warmer Tag. Schon seit dem Morgen früh waren die Männer am Grillieren einer Ziege. Dazu wurde heftig dem Ouzo gefrönt. Was mich wundert, die werden von diesem Gesöff nie betrunken, und ich bin nun auch hinter das Geheimnis gekommen. Wenn man Brot oder sonst trockene Sachen dazu isst – nur nichts fettiges – hat man praktisch keine Reaktion. Ausprobiert habe ich es aber nicht.

Nun aber zurück zu Ostern: es gab aber nicht zur Ziege, obwohl die für eine Woche gereicht hätte, gegrillt wurden auch zig andere Fleischstücke – Riesenberge! Dazu gab es verschiedene Sorten Salate, Pommes, Reis, Brot etc. Der Tisch hat sich wortwörtlich gebogen. Man hätte uns nach dem Fest nach Hause kugeln können, und wir hatten für die ganze Woche genug zu Essen. Ja, und an diesem Fest wurden wir feierlich in die Familie aufgenommen. Wir seien nun griechisch und gehörten zur Familie. Und die meinen dies wirklich. Musste dafür auch mal, als Not am Manne war, aushelfen und die Fenster in der Poolbar putzen, damit sie zur Zeit eröffnen konnten. Ich habe dies ja gerne gemacht, um mich auch mal erkenntlich zu zeigen. Sie wollen auch nicht, dass wir bezahlen, wenn wir einen Drink aus dem Kühlschrank nehmen – eben wir gehören zur Familie.

• Garten
Dave und ich haben uns mit riesigem Elan auf das Projekt Garten gestürzt. Soviel haben wir in der Zwischenzeit gelernt. Einen Garten auf Schweizer Art anzulegen, kann man hier vergessen. Wir haben gesät, gesetzt, aber die Sonne verbrannt die Saat, die Setzlinge hatten keine Kraft, Wurzeln zu machen, der Boden war – trotz Fräsmaschine – einfach zu hart dazu. Dave zieht nun alles auf dem Balkon an, wo es geschützt ist. Dazu kam, dass nach Ostern eine Heißwetterperiode war, viel zu früh, die Saat konnte nicht überleben, obwohl Dave bis zu viermal im Tag gespritzt hat. Die Pflanzen werden in Gräben gesetzt, damit sich das Wasser ansammeln kann, und der Boden nicht allzu schnell abtrocknet. Die Buschbohnen waren erst ca. 15 cm hoch, als wir bereits Bohnen ernten konnten. Nach einer Regenperiode ist alles aber schnell gewachsen, und wir konnten bereits Peperoni, Zuchhetti etc. ernten. Wir freuen uns auch bereits auf die ersten Melonen, seien es Honig- oder Wassermelonen. Die ersten Tomaten werden auch schon bald rot. Das Schönste an unserem Garten ist, dass das Swimmingpool und die Bar ganz in der Nähe sind, sodass wir uns zwischenhinein innen und außen abkühlen können. 

 

Ja, das erste eigene Gemüse haben wir in der Zwischenzeit schon genossen, aber es war hart erkämpft. Wir haben auch herausgefunden, dass sich die Gartenhaltung überhaupt nicht lohnt. Seit die Gurken- Melonen- und Tomatensaison angefangen hat, werfen sie einem das Zeugs nach. So bezahlten wir für 1 kg. wirklich schöne Tomaten 50 bis 80 Cents, Gurken wurden 10 kg für 3 Euros verkauft und Melonen das Stück für 50 Cents. Dies auf dem Bauernmarkt, der zweimal wöchentlich in Rhodos-Stadt stattfindet. Und geht man – wie es die Einheimischen machen – erst gegen Ende des Marktes, verbilligen sich die Preise nochmals um die Hälfte.

• Jobs
Dave hat das Angebot bekommen, Lifte zu renovieren. Er hat sich diese angeschaut und sich bereit erklärt, diese ende Mai zu machen. Passiert ist bis heute noch nichts, irgendwann kommt der Auftrag dazu dann schon, aber nicht von heute auf morgen.

Ich selbst habe mich noch nie um Arbeit bemüht. Im Gegenteil, mir werden ständig Angebote gemacht. So wurde ich immer wieder gebeten, in einem Hotel an der Rezeption zu arbeiten. Leute mit englischer und deutscher Sprache und dann noch mit PC-Wissen sind sehr gesucht. Da spielt das Alter überhaupt keine Rolle. Ich habe weder zu- noch abgesagt, denn eigentlich möchte ich nicht mehr 8 Stunden im Tag arbeiten. 

Ein sehr interessantes Angebot bekam ich aber vor einigen Wochen. Ein noch junger Grieche will eine neue Website aufziehen, eine Art Reisebüro. Natürlich wird dann auch anderes dazukommen, Hauptsache es bringt Geld. Die Site wird in Griechisch, Deutsch und Englisch gestaltet. Der Besitzer wird sich um die Aufträge kümmern, und ich bin für die Veröffentlichung im Internet verantwortlich inkl. der Übersetzungen in Englisch und Deutsch, Behandlung der Reservationen etc. Am Anfang ist dies ein Arbeitsaufwand von ca. 3 Stunden täglich, ideal für mich. Das Büro: eine Bar, die er geschlossen hat, weil er selbst keinen Bock mehr dazu hatte, diese selbst zu bedienen. Die Bar liegt auf einem Hügel mit Blick auf Faliraki und dem Meer in einem schlossähnlichen Appartementhaus, das ihm gehört. Startschuss war anfangs Juni, aber zuerst musste Platz geschaffen werden für die Infrastruktur, denn die Bar war Stauraum für Babybetten, Geschirr, Gesöff etc. Sollte das Geschäft laufen, möchte er auch andere Inseln miteinbeziehen. Inzwischen arbeite ich mehr als einen Monat für ihn. Es gefällt mir sehr gut. Ich habe sogar gelernt, in griechisch zu tippen. Ich hatte nur keine Ahnung, was ich da geschrieben habe. Überhaupt lerne ich sehr viel über die Geschichte, z.B. auch wie Faliraki „geboren“ wurde. All dies ist dann mal auf der Website in Deutsch, Englisch und Griechisch nachzulesen. Sobald diese Site einmal mehr Gestalt angenommen hat, werde ich den Link bekannt geben.

Es hat sich auch bereits rumgesprochen, dass ich PC-Wissen habe und Internet, Mail etc. installieren könne. Ich habe dies für einen Freund gemacht, und im Winter muss ich dann ihn und seine Frau im Computer ausbilden. Ich habe zwar noch keine Ahnung, was man hier für einen Stundenlohn verlangen darf, ich muss mich zuerst etwas rumhören. Die Installation habe ich für ein Candlelight-Dinner gemacht, das wir in seiner Taverne genießen dürfen!!! Dave ist zwar mehr für Dinner als Candlelight o;))))

• Aberglaube
Dass die Griechen ein solch abergläubisches Volk sind, wussten wir gar nicht. So möchte ich nur eine Episode erzählen, die mich zum Schmunzeln gebracht hat. Da gibt es einen Heiligen mit dem Namen Fanuri. Seine Mutter war eine Prostituierte. Sie hatten nicht viel Geld, und um auszuhelfen, hat Fanuri Cakes gebacken und sonst viel Gutes getan. Unsere Freunde beten zu Fanuri in verschiedenen Angelegenheiten, z.B. wenn sie etwas verloren haben und wieder finden möchten, oder wenn sie für die Tochter um einen Mann beten. Gehen die Gebete in Erfüllung, muss der oder die Glückliche einen Kuchen mit zehn Zutaten backen und an 10 Leute verschenken. Das Problem mit unserem Freund Charly ist nun, dass er seinen Ring noch immer nicht gefunden hat. Er weiß auch warum, er schuldet Fanuri 10 Cakes. Er ist überzeugt, dass er den Ring erst finden wird, wenn er diese Kuchen gebacken und verschenkt hat. Eine Kirche mit dem Namen Fanuri gibt es noch immer in Rhodos-Stadt und das Freudenhaus ist gleich daneben. Wenn ein Grieche sagt, er gehe zum Fanuri, heißt dies noch lange nicht, dass er in die Kirche geht!

Solltet ihr mal etwas verlieren, oder auch ein besonderes Anliegen haben, hier noch zur Sicherheit das Kuchenrezept:

FANOUROPITA-CAKE
1 Tasse Zucker
1 Tasse Orangenjus
2 Tl. Orangenrinde gerieben
1 Backpulver
1 Tl. Zimt
1 Tl. Muskatnuss
1 Tasse Öl
500 gr. Mehl
1 Tasse Weißwein
½ Tasse Rosinen

Zucker, Zimt, Muskatnuss und Orangenjus miteinander mischen
Öl dazugeben und gut mixen
Langsam das mit dem Backpulver vermischte Mehl sowie den Weißwein dazugeben und wiederum gut vermischen
Am Schluss Rosinen unterrühren
Backzeit ca. 45 min. bei 180°


Eigentlich hätte ich noch genügend Stoff, um noch einige Seiten zu füllen, aber ich werde dies für den nächsten Bericht sparen.

Wir wünschen euch allen eine gute Zeit. Wir gehen nun ins Meer, um uns abzukühlen.

Mit herzlichen Grüssen
Mägi + Dave

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